Peters Weinprobe

 

Sind sie Chemiker? Oder Chemikerin ? 

 

Sind sie Chemielehrerin oder Chemielehrer ? 

 

Oder sind sie Chemielaborantin oder Chemielaborant?

 

Sind sie sorgfältig und bereit, dieses Experiment vorher, d.h. ohne Publikum, vorher erst mal zu erproben?

 

Beachten sie die üblichen Sicherheitsvorkehrungen für chemische Laboratorien, damit niemandem etwas passiert?

 

Dann führen sie diese Weinprobe bei passender Gelegenheit doch einmal vor !

 

Der Applaus ihres Publikums dürfte ihnen sicher sein!

 

 

Peters Weinprobe

Text: Peter Haupt; Zeichnungen: PETER und ILKA

 

Die Weinprobe könnte so ablaufen:

 

Meine Damen und meine Herren !

Ich darf Sie nun zu der angekündigten Weinprobe einladen. Leider bekam ich aber gestern Abend unerwartet Besuch, und in fröhlicher Runde haben wir gerade die Sorten ausgetrunken, die ich Ihnen heute präsentieren wollte. Sehen Sie - alle Flaschen sind leer, nur die eine hier zu meiner Rechten ist übrig geblieben. Das braucht Sie aber nicht zu beunruhigen, lesen wir doch bereits in der Bibel von der wundersamen Brotvermehrung und der Verwandlung von Wasser in Wein. Sie brauchen also nicht auf die versprochene Weinprobe  verzichten.

 

 

Auf dem Tisch stehen neun Flaschen: Wein, Sekt, Weinbrand und Likör. Ein Etikett verrät jeweils, was sie beinhalten bzw. be­inhalten sollten. Alle sind leer - nur die erste ist gefüllt:

1 Tafelwein weiß: Als erstes möchte ich Ihnen ein "Himmlisches Moseltröpfchen", einen sehr leichten hellen Weißwein mit fei­nem Säuregehalt vorstellen. Wegen seiner geringen Alkoholpro­zente darf er besonders den Autofahrern unter ihnen empfohlen werden.

2 Roséwein: Wer einen trockenen Roséwein liebt, sollte zu dieser Sorte hier greifen! Q.b.A., sonnige Kammlage. Die Reben ge­deihen nur auf kalkreichen, leicht alkalischen Böden der schwäbischen Alb.

Mit Hilfe eines Trichters wird der farblose Inhalt von Flasche 1 (Weißwein) in Flasche 2 (Roséwein) umgegossen. Rosé- bzw. pinkfarben füllt sich Flasche 2 während des Umgießens.

3 Kabinettwein weiß: Vielen von Ihnen wird sicher dieser halb­trockene Weißwein hier schmecken. Bloherfelder Petersberg, aus

dem lieblichen Oldenburger Huntetal, das leicht moorig - saure Torfböden aufweist. Ein Kabinettwein mit Prädikat. Die leichte Gelbfärbung läßt ein fruchtiges huminöses Aroma erwarten.

 

Flasche 2 (Roséwein) wird in Flasche 3 (Weißwein) umgegossen. Die Farbe schlägt von rosé bzw. pink nach farblos, leicht gelblich um.

 

4 Rotwein: Die Kenner unter Ihnen wissen sicher einen nörd­lichen Rotwein zu schätzen. Deshalb empfehle ich Ihnen diesen

Flensburger Finisberg - eine kräftige, tiefrote und vollmundige Spätlese. Der Wein verspricht aufgrund des hohen Alkohol­gehalts nach reichlichem Genuss eine tiefgeistige Bereicherung und vollen Erfolg in allen Lebenslagen.

Flasche 3 (Weißwein) wird in Flasche 4 (Rotwein) umgefüllt. Entsprechend verändert sich die Farbe.

5 Blauer Burgunder: Die Freunde des Blauen Burgunders sollten diesen köstlichen Tropfen hier probieren. Es handelt sich um eine Trockenbeerauslese mit amtlicher Prüfnummer - Sieger des Jahres 1996. Diese blaue Rebe gedeiht besonders gut auf den leicht eisenhaltigen Böden am Rande von Berlin.

Flasche 4 (Rotwein) wird in Flasche 5 (Blauer Burgunder) gegos­sen. Farbumschlag von rot nach (Berliner) blau.

 

 

6 Weinbrand: Aus dem Blauen Burgunder läßt sich aufgrund seines hohen Alkokolgehaltes ein köstlicher Branntwein destillie­ren. Unser Brennmeister ist imstande, sogar die blaue Farbe beim Brennen zu erhalten. Das soll zugleich die Autofahrer un­ter Ihnen warnen: Diese Sorte nicht trinken, wenn man ans Steuer will.

Flasche 5 (Blauer Burgunder) wird in Flasche 6 (Weinbrand) um­gefüllt - zuletzt sehr vorsichtig - 1-2 mm bis unter den oberen Rand. Die Farbe ändert sich nicht.

Leider kann man von weitem nicht erkennen, daß es sich hier um einen edlen Weinbrand handelt. Eigentlich müssten Sie alle diese Köstlichkeit probieren, um sich davon zu überzeugen, daß es sich um ein hochprozentiges Produkt - über 60 Vol.% - handelt. Das heißt, er sollte brennbar sein.

Mit einem Streichholz wird die Flasche oben angezündet. Eine gelbliche Flamme umlodert den Flaschenhals. In Flasche 5 bleibt ein guter Rest „Blauer Burgunder“ zurück, der für die Verkostung am Schluß benötigt wird.

7  Schaumwein: Nun sollen die Freunde des Schaumweines bzw. die Sektfreunde unter Ihnen auf ihre Kosten kommen. Über­zeugen Sie sich selbst, dass es sich nicht um einen billigen Schaumwein handelt. Echter Sekt ist nämlich Flaschengärung.

Flasche 6 (Weinbrand) wird in Flasche 7 umgegossen: Der In­halt schäumt kräftig auf.

8  Schwarzer Küstennebel: Freunden des Nordens - insbesondere den Herren unter Ihnen - kann ich nun eine außergewöhnliche Spezialität anbieten: den Schwarzen Küstennebel.

Flasche 7 (Schaumwein) wird in Flasche 8 (Schwarzer Küsten­nebel) umgefüllt. Schwere weiße Nebel quellen über den Fla­schenrand aus dem nunmehr schwarz gefärbten Produkt.

Zu einer guten Weinprobe gehört es auch, Ihnen zu zeigen, wie man einen Wein richtig verkostet. Danach kann sich jeder von der hohen Qualität meiner Weine selbst überzeugen.

Etwas Wein - Blauer Burgunder - wird in ein Weinglas (mit rotem Schleifchen !) gegossen. "Unerwartet" stört ein schepperndes Geräusch - vermutlich von einem herab fallenden Glas - die Weinprobe. Während alle Zuschauer sich der Quelle dieses Lärmes zuwenden, tausche man schnell das Weinglas mit rotem Schleifchen gegen eins mit grünem Schleifchen (das mit echtem, trinkbarem dunklem Wein entsprechend gefüllt ist).

Meine Damen und Herren, lassen Sie sich nicht stören, ich möchte Ihnen doch die Verkostung des Weines zeigen.

Mit kreisenden Bewegungen und prüfendem Blick gegen das Licht werden Güte, Schwere und Bukett des Weines "demonstriert":

Zum Wohl

und mit sichtbarem Genuß trinke man den (echten!) Wein (mit dem grünen Schleifchen!).

 

 

 

Und so bereiten Sie diese Weinprobe vor

9 Flaschen mit Etiketten: möglichst weiß und phantasievollen Namen; Flasche 6 0,5 Liter, sonst 0,75 Liter. Tablett unter Flasche 7.

Flasche 1Tafelwein weiß: ca. 2 ml Phenolphthalein-Lösung,   mit Leitungswasser aufgefüllt

Flasche 2: Roséwein: ca. 10 Tropfen Ammoniak, w(NH3) =   25 %, und Flasche verkorken

Flasche  3: Kabinett weiß: 1½ Spatelspitzen Eisen(III)-chlorid + ca. 20 Tropfen Schwefelsäure, w(H2SO4) = ca. 45 %

Flasche 4: Rotwein: 4 Spatelspitzen Kaliumthiocyanat

Flasche 5: Blauer Burgunder: 2 Spatelspitzen Kaliumhexacyanoferrat(II)

Flasche 6: Weinbrand: 1-2 ml Heptan oder Feuerzeugbenzin

Flasche 7: Schaumwein / Sekt: 1 Löffel Natriumhydrogencarbonat und 1 Löffel Citronensäure trocken  vermischt

Flasche  8: Schwarzer Küstennebel: mehrere Stücke Trockeneis sowie (ggf.) eine Aufschlämmung von Kohlepulver, etwas Spülmittel und wenig Wasser

 

Die Geheimnisse der Weinprobe - nur für Insider

 

Probe 1 Tafelwein, weiß: Phenolphthalein ist ein Säure-Base-Indikator. Im neutralen Bereich (pH 7) ist er farblos.

Probe 2 Roséwein: Ammoniak macht die Wasserprobe alkalisch und färbt das Phenolpthalein pinkfarben.

Probe 3 Kabinettwein, weiß: Die Schwefelsäure macht die Flüssigkeit sauer, den Indikator wieder farblos. Das zugefügte Eisen(III)-chlorid bewirkt eine leichte Gelbfärbung.

Probe 4 Rotwein: Die Fe3+-Ionen bilden mit Thiocyanat eine rotgefärbte Komplexverbindung

Probe 5 Blauer Burgunder: In Konkurrenz  zu den Thiocyanationen (SCN-) treten Hexacyanoferrat(III)-Ionen [Fe(CN)6]4-, womit die Eisen(III)-Ionen nun zu „Berliner Blau“ reagieren.

Probe 6 Weinbrand: Eine sehr geringe Menge Benzin bzw. Heptan schwimmt oben auf und lässt sich daher anzünden.

Probe 7 Schaumwein: Trockenes Natriumhydrogencarbonat und trockene Citronensäure reagieren erst in Gegenwart von Wasser miteinander - ähnlich wie eine Brausetablette, die man in Wasser gibt:

HCO3- + H3O+  -->  2 H2O + CO2

Probe 8 Schwarzer Küstennebel: Etwas Kohlepulver - mit ein wenig Tensid in Wasser angerührt -  bewirkt die Schwarzfärbung. Der Nebel ist Wasser­dampf, der an dem kalten gasförmigen CO2 kondensiert. CO2 ist schwerer als Luft, deshalb sinkt der Nebel nach unten.

Trockeneis

Trockeneis kann man leicht selbst herstellen. Schrauben Sie das Flaschenventil von der CO2-Flasche ab. Legen Sie die Flasche auf den Boden und heben diese hinten leicht an. Unterlage! gegen Wegrollen sichern. Binden Sie um das Auslassventil mit einem Faden einen Lappen. Drehen Sie die Ventilöffnung von sich weg; sie soll nicht gegen Personen gerich­tet sein. Öffnen Sie vorsichtig - mit festem Griff - das Hauptventil. Unter starker Geräuschentwicklung tritt flüssiges CO2 aus der Flasche, das unmittelbar aufgrund der Verdunstungskälte zu Kohlensäureschnee gefriert. Schließen Sie das Ventil, fassen Sie den Kohlensäureschnee nur mit Handschuhen an. Eine kurze lose Berührung schadet nicht; "festes Anfassen" kann aber zu Verbrennungserscheinungen führen.

Trockeneis verdampft in kurzer Zeit. Ein halbes Kilogramm hält in Styropor verpackt in der Tiefkühltruhe etwa 24 Stunden.

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